Ein Projekt sozialen Lernens
1. Genese des Projekt
"Halten wir fest zusammen; füreinander sind wir geboren. Unsere Gemeinschaft gleicht völlig einem aus Steinen gefügten Gewölbe, das augenblicklich einstürzen müsste, wenn sich die Steine nicht wechselseitig am Sturze hinderten". ( Anmerkung für den Übersetzer: aus der lat.-engl. Ausgabe von Loeb folgende Übersetzung: " Let us possess things in common; for birth is ours in common. Our relations with one another are like a stone arch, which would collapse if the stones would not mutually support each other, and which is upheld in this very way.". Als wir uns 1992 in einer Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz dieses Wort des römischen Philosophen Seneca als Leitlinie für ein Projekt sozialen Lernens wählten, konnten wir nicht ahnen, dass wir zehn Jahre später dieses inzwischen erfolgreich gewordene Modell auf altem römischen Boden einer internationalen Jury vorstellen würden.
Was hat uns damals als Verantwortliche des katholischen Schulwesens in Deutschland veranlasst, gerade diesen Aspekt schulischer und familialer Erziehung in den Mittelpunkt zu rücken? Erfahrungen mit Schülern und Eltern hatten uns alle zur Überzeugung gebracht, dass die Schulen dringend etwas unternehmen müssten, um die soziale Sensibilität unserer Jugend zu wecken und zu stabilisieren, einfacher ausgedrückt: bei den Jugendlichen die Fähigkeit zu entwickeln, vom eigenen Ego Abstand zu nehmen, den Mitmenschen wahrzunehmen, hinzusehen und hinzuhören auf das, was der andere braucht. Und uns war klar, dass wir nicht ohne die Eltern Erfolg haben konnten. Wir hatten sehr schnell ein Konzept geschrieben, Schulen und soziale Einrichtungen zur Erprobung gefunden und eine wissenschaftliche Begleitung eingesetzt. Die rasche Akzeptanz bestätigte uns das Wort Victor Hugos: "Nichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist". Dr. Adolf Weisbrod, der frühere Leiter der Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg im Land Baden, den wir als den geistigen Vater von COMPASSION bezeichnen dürfen, wird Ihnen nun etwas zur Signifikanz des Projektes sagen.
2. Signifikanzen des Konzepts
Leitend waren für uns plausible Postulate zweier Philosophen: "Sieh hin - und du weißt!" (Hans Jonas) und: "Verstehe deinen Nächsten wie dich selbst!" (Georg Gadamer).
Eine große Zahl der Jugendlichen wächst als Einzelkinder auf, z.T. gar bei Alleinerziehenden, und muss von früh an familiäre Sozialisation entbehren. Schule ist die einzige Institution, welche alle künftigen Mitglieder unserer Gesellschaft passieren. Die übliche Verweildauer von 12 bis 13 Jahren liegt in der psychologisch prägsamsten Phase menschlichen Lebens.
Sog. Sozialpraktika in Krankenhäusern, Altenheimen, Förderschulen o.ä. hatte es bis dahin bereits an einigen Schulen gegeben; doch deren Wirkungen waren nicht nachhaltig, weil rationale und kognitive Vertiefung im Unterricht fehlte. Unser Konzept heißt:
a) Alle Schüler des 10/11. Jahrgangs (16, 17, 18jährige) müssen daran teilnehmen.
b) Das Praktikum dauert mindestens zwei Wochen.
c) Die Fachlehrer des Jahrgangs greifen in den folgenden Monaten des Schuljahrs dieses emotional intensive Praktikumserlebnis auf - im Zusammenhang ihres aktuellen Unterrichtsstoffes.
Unsere These lautete: Unterrichtliche Begleitung wird die Nachhaltigkeit fördern in den Schritten: Konfrontation - Emotion - Information - Reflektion - Kognition - Position - Aktion. Die wissenschaftliche Untersuchung hat diese These überzeugend verifiziert.
An allen Schulen meines Verantwortungsbereichs in der Erzdiözese Freiburg (Land Baden-Württemberg) und an einigen staatlichen Schulen wurde die erste Pilotphase durchgeführt. Es begann mit Beratungsgesprächen mit allen betroffenen Eltern, mit Lehrerkonferenzen, mit Kontakten zu sozialen Einrichtungen und mit Informationswochenenden für die Schüler.
3. Wissenschaftliche Ergebnisse und Ausweitung
Die Konferenz der deutschen Kultusminister hat 1996 unsere Initiative als Pilotprojekt anerkannt und zusammen mit dem Land Baden-Württemberg und der Erzdiözese Freiburg die wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung mit 250.000 € finanziert. Prof. Lothar Kuld und seine Mitarbeiter von der Hochschule Karlsruhe haben als Forschungsergebnisse u.a. folgende Fakten herausgestellt:
Der Ministerpräsident und unsere Kultusministerin unseres Landes haben öffentlich den Wunsch geäußert, dass mit der Zeit an möglichst vielen staatlichen Schulen das Projekt COMPASSION umgesetzt wird; das Interesse aufseiten der Eltern, Lehrer und Schülerinnen und Schülern nimmt stetig zu, gefördert und gefordert von den Medien. Einige hundert Schulen und Tausende von Schülern haben in Deutschland und Österreich bereits Erfahrungen gemacht. Ein Schüler z.B. schreibt: "Ich habe in den neun Jahren Gymnasialzeit unendlich viel Stoff zu lernen bekommen; das allermeiste davon werde ich wohl bald vergessen, die Erfahrungen dieser zwei Wochen aber bleiben mir sicher für immer in Erinnerung." Auch Schülervertreter selbst fordern die Landesregierung auf, für die Förderung der sozialen Sensibilität in den Schulen aktiv zu werden. Gerade Elterngremien laden uns immer wieder ein, bei ihnen dieses Projekt vorzustellen.
"EIN Mensch ist KEIN Mensch" (Karl Popper).
COMPASSION mag dazu beitragen, dass in der Ego-Gesellschaft Gemeinsinn und Mitmenschlichkeit zunehmen.
Die Mitmensch-Gesellschaft ist das Ziel von COMPASSION.
"Halten wir fest zusammen; füreinander sind wir geboren. Unsere Gemeinschaft gleicht völlig einem aus Steinen gefügten Gewölbe, das augenblicklich einstürzen müsste, wenn sich die Steine nicht wechselseitig am Sturze hinderten". ( Anmerkung für den Übersetzer: aus der lat.-engl. Ausgabe von Loeb folgende Übersetzung: " Let us possess things in common; for birth is ours in common. Our relations with one another are like a stone arch, which would collapse if the stones would not mutually support each other, and which is upheld in this very way.". Als wir uns 1992 in einer Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz dieses Wort des römischen Philosophen Seneca als Leitlinie für ein Projekt sozialen Lernens wählten, konnten wir nicht ahnen, dass wir zehn Jahre später dieses inzwischen erfolgreich gewordene Modell auf altem römischen Boden einer internationalen Jury vorstellen würden.
Was hat uns damals als Verantwortliche des katholischen Schulwesens in Deutschland veranlasst, gerade diesen Aspekt schulischer und familialer Erziehung in den Mittelpunkt zu rücken? Erfahrungen mit Schülern und Eltern hatten uns alle zur Überzeugung gebracht, dass die Schulen dringend etwas unternehmen müssten, um die soziale Sensibilität unserer Jugend zu wecken und zu stabilisieren, einfacher ausgedrückt: bei den Jugendlichen die Fähigkeit zu entwickeln, vom eigenen Ego Abstand zu nehmen, den Mitmenschen wahrzunehmen, hinzusehen und hinzuhören auf das, was der andere braucht. Und uns war klar, dass wir nicht ohne die Eltern Erfolg haben konnten. Wir hatten sehr schnell ein Konzept geschrieben, Schulen und soziale Einrichtungen zur Erprobung gefunden und eine wissenschaftliche Begleitung eingesetzt. Die rasche Akzeptanz bestätigte uns das Wort Victor Hugos: "Nichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist". Dr. Adolf Weisbrod, der frühere Leiter der Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg im Land Baden, den wir als den geistigen Vater von COMPASSION bezeichnen dürfen, wird Ihnen nun etwas zur Signifikanz des Projektes sagen.
2. Signifikanzen des Konzepts
Leitend waren für uns plausible Postulate zweier Philosophen: "Sieh hin - und du weißt!" (Hans Jonas) und: "Verstehe deinen Nächsten wie dich selbst!" (Georg Gadamer).
Eine große Zahl der Jugendlichen wächst als Einzelkinder auf, z.T. gar bei Alleinerziehenden, und muss von früh an familiäre Sozialisation entbehren. Schule ist die einzige Institution, welche alle künftigen Mitglieder unserer Gesellschaft passieren. Die übliche Verweildauer von 12 bis 13 Jahren liegt in der psychologisch prägsamsten Phase menschlichen Lebens.
Sog. Sozialpraktika in Krankenhäusern, Altenheimen, Förderschulen o.ä. hatte es bis dahin bereits an einigen Schulen gegeben; doch deren Wirkungen waren nicht nachhaltig, weil rationale und kognitive Vertiefung im Unterricht fehlte. Unser Konzept heißt:
a) Alle Schüler des 10/11. Jahrgangs (16, 17, 18jährige) müssen daran teilnehmen.
b) Das Praktikum dauert mindestens zwei Wochen.
c) Die Fachlehrer des Jahrgangs greifen in den folgenden Monaten des Schuljahrs dieses emotional intensive Praktikumserlebnis auf - im Zusammenhang ihres aktuellen Unterrichtsstoffes.
Unsere These lautete: Unterrichtliche Begleitung wird die Nachhaltigkeit fördern in den Schritten: Konfrontation - Emotion - Information - Reflektion - Kognition - Position - Aktion. Die wissenschaftliche Untersuchung hat diese These überzeugend verifiziert.
An allen Schulen meines Verantwortungsbereichs in der Erzdiözese Freiburg (Land Baden-Württemberg) und an einigen staatlichen Schulen wurde die erste Pilotphase durchgeführt. Es begann mit Beratungsgesprächen mit allen betroffenen Eltern, mit Lehrerkonferenzen, mit Kontakten zu sozialen Einrichtungen und mit Informationswochenenden für die Schüler.
3. Wissenschaftliche Ergebnisse und Ausweitung
Die Konferenz der deutschen Kultusminister hat 1996 unsere Initiative als Pilotprojekt anerkannt und zusammen mit dem Land Baden-Württemberg und der Erzdiözese Freiburg die wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung mit 250.000 € finanziert. Prof. Lothar Kuld und seine Mitarbeiter von der Hochschule Karlsruhe haben als Forschungsergebnisse u.a. folgende Fakten herausgestellt:
- Unterrichtliche Begleitung sichert signifikant die langfristige Wirkung und Haltung.
- Die Verpflichtung des ganzen Jahrgangs ist unverzichtbar.
- Selbstwertgefühl und Verantwortungsbereitschaft werden gefördert.
- Die Atmosphäre und Arbeitshaltung in Unterricht und Schule werden wesentlich verbessert, ebenso die Atmosphäre und das Verhalten in der Familie. u.v.a.m.
Der Ministerpräsident und unsere Kultusministerin unseres Landes haben öffentlich den Wunsch geäußert, dass mit der Zeit an möglichst vielen staatlichen Schulen das Projekt COMPASSION umgesetzt wird; das Interesse aufseiten der Eltern, Lehrer und Schülerinnen und Schülern nimmt stetig zu, gefördert und gefordert von den Medien. Einige hundert Schulen und Tausende von Schülern haben in Deutschland und Österreich bereits Erfahrungen gemacht. Ein Schüler z.B. schreibt: "Ich habe in den neun Jahren Gymnasialzeit unendlich viel Stoff zu lernen bekommen; das allermeiste davon werde ich wohl bald vergessen, die Erfahrungen dieser zwei Wochen aber bleiben mir sicher für immer in Erinnerung." Auch Schülervertreter selbst fordern die Landesregierung auf, für die Förderung der sozialen Sensibilität in den Schulen aktiv zu werden. Gerade Elterngremien laden uns immer wieder ein, bei ihnen dieses Projekt vorzustellen.
"EIN Mensch ist KEIN Mensch" (Karl Popper).
COMPASSION mag dazu beitragen, dass in der Ego-Gesellschaft Gemeinsinn und Mitmenschlichkeit zunehmen.
Die Mitmensch-Gesellschaft ist das Ziel von COMPASSION.